von
Reinhard Winiwarter
 
28.09.2020

Ausreichende Liquidität und Kundennähe

Die IMMOFINANZ war in ihren Bemühungen um eine rasche Reaktion auf die Covid-19-Krise erfolgreich. Gerald Grüll, Head of Retail, erklärt im Interview mit ACROSS, warum und wie es dazu kam.

Dieser Artikel ist im ACROSS Magazin am 28. September 2020 erschienen.

ACROSS: Was hat Immofinanz aus der aktuellen Krise gelernt?

GERALD GRÜLL: Bei einer Krise sind zwei Faktoren besonders wichtig: Ausreichend Liquidität und die Nähe zum Kunden. Beides haben wir und konnten somit schnell und flexibel handeln und auf die veränderten Rahmenbedingungen reagieren. Dabei war eine aktive Kommunikation mit sämtlichen Parteien einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Zudem haben wir auch davon profitiert, wichtige Daten, wie etwa Umsatzzahlen und Shop-Eintritte, zeitnah zur Verfügung zu haben.

ACROSS: Welche nachhaltigen Auswirkungen wird Covid-19 auf die Geschäftsmodelle der Betreiber von Einzelhandelsimmobilien haben?

GRÜLL: Das ist zu einem guten Teil auch vom weiteren Verlauf der Pandemie bzw. deren Eindämmung abhängig. Wir rechnen jedoch in keinem unserer Länder mit einem erneuten Lock down. Veränderungen wird es vor allem im Shopping-Center Bereich geben: Abstandsregeln und subjektive Sicherheit spielen eine größere Rolle. Die Leute fokussieren hier in der ersten Phase auf das Einkaufen und weniger auf Entertainment-Aktivitäten, bei denen viele Menschen zusammenkommen. Aber auch hier hilft der Fokus auf erschwingliche Produkte, die in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten immer nachgefragt werden. Fachmarktzentren haben einen entscheidenden Vorteil, denn Besucher können direkt vom Parkplatz in den jeweiligen Shop hinein, und vermeiden somit zusätzliche Kontaktpunkte. Die Besucherzahlen in unseren STOP SHOPs haben sich auch schnell wieder auf das Vorkrisen-Niveau erholt. Ein weiterer wichtiger Punkt in unseren Retail-Formaten sind auch die niedrigen Miet- und Betriebskosten für die Händler.

ACROSS: Wird Covid-19 einen Einfluss auf die Gestaltung künftiger Projekte haben?

GRÜLL: Die Lösung ist mit Sicherheit nicht, noch größere Flächen für mehr Personenabstand zu errichten. Es wird jedoch vermehrt in Haustechnik wie etwa Luftqualität und -wechsel sowie gesteigerte Hygienestandards investiert werden. Denkbar wären auch technische Lösungen für den Zutritt in die Center und Shops sowie Schnelltests vor Ort. Des Weiteren wird man in der Konzipierung der Customer Journey noch mehr Fokus auf ein angenehmes Kundenerlebnis legen, dazu gehört beispielsweise eine einfache, übersichtliche Wegeführung und Orientierung im Shopping Center.

ACROSS: Der Flächenanteil der Gastronomie wurde deutlich erhöht. Wird sich dieser Trend unter den aktuellen Umständen als Fehler erweisen?

GRÜLL: Viele Shopping-Center verfolgten in den letzten Jahren die Strategie, die Verweildauer der Konsumenten in den Centern zu erhöhen. Dies wurde vor allem durch die Ansiedlung von Leisure- und Entertainment-Mietern, wie etwa Kinos und Spieleparks, erreicht. Diese Strategie war auch gut und richtig, nur hat Corona dazu geführt, dass die Leute genau diese Form des sozialen Beisammenseins und der Unterhaltung derzeit fast völlig meiden. Durch eine Adaptierung der Gastro-Konzepte hin zu mehr Abstand und Flexibilität kann dieser Entwicklung jedoch gut entgegengewirkt werden.

ACROSS: Wie hat sich die Krise auf den Mietermix und den Flächenbedarf von Einkaufszentren im Allgemeinen ausgewirkt?

GRÜLL: Corona hat zwar den Großteil der Mieter von Einzelhandelsimmobilien getroffen, aber doch sehr unterschiedlich stark und vor allem unterschiedlich nachhaltig. Stärker betroffen sind die Branchen Fashion und Schuhe, die aktuell einen großen Teil von Shopping Center Flächen belegen und wo – gerade in Corona-Zeiten – auch Online-Umsätze steigen.

Ähnliches ist in der Elektronikbranche zu erwarten. Es ist zu erwarten, dass sich der Flächenbedarf langfristig mehr in Richtung personalisierte Dienstleistungen verschieben wird. Dazu gehören z.B. Beauty und Wellnessangebote.

Branchenübergreifend haben Diskonter überdurchschnittlich abgeschnitten, was auf das steigende Preisbewusstsein der Konsumenten in einem schwierigeren wirtschaftlichen Umfeld zurückzuführen ist. Das sehen auch wir in unserem Portfolio, das auf kosteneffiziente Formate setzt und damit relativ krisenresistent ist.

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