von
Bettina Schragl
 
05.02.2016

IMMOFINANZ-CEO Schumy zur Russland-Abwertung und zum aktuellen Umfeld

Nachdem wir am Donnerstagabend adhoc gemeldet haben, dass wir für das Q3 2015/16 eine sehr hohe währungsbereinigte Abwertung für unser Russland-Portfolio erwarten, geht CEO Oliver Schumy heute im Interview mit dem Börse Express auf die Gründe und das aktuelle Umfeld ein.Sie erwähnen in der Adhoc zur erwarteten Abwertung des Russland-Portfolios um rund 400 Mio. Euro, dass es sich um eine Sonderbewertung handelt. Was heißt das im Detail?

Üblicherweise wird unser Immobilienportfolio regelmäßig zum Ende des Halbjahres und zum Geschäftsjahres-Ende durch externe Gutachter bewertet. Per Ende des ersten und des dritten Quartals führen wir eine interne Bewertung durch. Da wir nun aber den Bewerter für unser Osteuropa-Portfolio gewechselt und sich die Rahmenbedingungen in Russland noch weiter eingetrübt haben, haben wir uns entschlossen, das Russland-Portfolio auch zum 31. Jänner extern bewerten zu lassen. Das ist vor allem wichtig für unsere Investoren. Denn natürlich werden wir bei Roadshows und in Investorengesprächen immer wieder darauf angesprochen, ob die anhaltend schwierige Situation nicht weitere, hohe Abwertungen in Russland erforderlich machen könnte. Das ist nun somit erledigt.

Die  400 Mio. Euro entsprechen in etwa einer Abwertung um 25%. Die Mieterlöse aus Russland sind aber deutlicher zurückgegangen, im Halbjahres-Vergleich um fast die Hälfte. Ist das Thema wirklich erledigt?

Sie dürfen nicht übersehen, dass wir auch bereits im Geschäftsjahr 2014/15 eine Abwertung von 200 Mio. Euro in Russland hatten. Auch arbeitet die Immobilienbewertung mit langfristigen Bewertungsmodellen, in die neben dem Ist-Zustand die Erwartungen und Annahmen der Gutachter einfließen und nicht die aktuelle Krisensituation auf die nächsten zehn, zwanzig Jahre fortgeschrieben wird. Daher sollte das Thema damit für uns erledigt sein, sofern keine weitere deutliche Verschlechterung des Umfelds eintritt.
 
Wer ist der neue Bewerter und warum haben Sie jetzt gewechselt?

Die Experten von CBRE, einer der größten und bekanntesten Dienstleister in diesem Bereich, bewertet jetzt unser Osteuropa-Portfolio und damit auch unsere fünf Moskauer Einkaufszentren für einen Zeitraum von drei Jahren. Wir schreiben die Bewertungsdienstleistung turnusmäßig alle drei Jahre aus, das war jetzt auch der Fall.

Der neue Bewerter dürfte die Lage in Russland aber deutlich skeptischer sehen als zuletzt JLL. Was sind die Gründe?

Die Rahmenbedingungen haben sich zuletzt doch deutlich eingetrübt. Die EU hat die Sanktionen gegen Russland bis zum Sommer verlängert, auch wenn immer stärker ersichtlich wird, dass die eigenen Unternehmen darunter leiden und sich immer deutlicher Widerstand, etwa in der deutschen Industrie, bemerkbar macht. Zudem ist der Ölpreis, der ja eine wichtige Rolle für die Entwicklung der russischen Wirtschaft hat, seit Jahresbeginn 2016 verstärkt auf Talfahrt. Russland dürfte daher auch 2016 in der Rezession verharren. Das spiegelt sich in der Entwicklung des Rubels wider: Dieser hat zwischen Anfang Dezember und Mitte Jänner weiter abgeschwächt – von ca. 70 auf bis zu 90 zum Euro.

Es zeichnet sich somit in letzter Zeit immer deutlicher ab, dass eine rasche Erholung auf alte Niveaus nicht mehr zu erwarten ist. Und diese Einschätzung teilt auch CBRE. Das heißt aber auch, dass wir – sofern keine weiteren deutlichen Verschlechterungen der bewertungsrelevanten Parameter eintreten – damit rechnen, etwa auf diesem Niveau zu bleiben bis dann eben wieder eine Besserung der wirtschaftlichen Gesamtlage eintritt. Und Russland hat zweifelsohne unverändert großes Potenzial.

Wie gehen die Bewerter im Detail vor und können Sie uns da ein paar Annahmen der Gutachter zu Russland sagen?

In ein Bewertungsmodell fließen zahlreiche Parameter ein. Das sind zum einen immobilienspezifische Faktoren, wie Mietzinslisten, Mietverträge, Investitionsbudgets etc. Zum anderen treffen die Gutachter auch Einschätzungen zur Marktentwicklung, zukünftigen Mieterlösen, Auslastungsgraden und Renditeerwartungen. Somit erfolgt eine Gesamtbetrachtung.

Wir haben von CBRE am Donnerstagabend eine Erstindikation erhalten. Deshalb kann ich noch nicht ins Detail gehen. Im Rahmen der Veröffentlichung zum dritten Quartal werden wir aber sicher auf die bewertungsrelevanten Parameter eingehen. Generell ist aber zu sehen, dass der Gutachter hinsichtlich der längerfristigen Einschätzung der Marktmieten etwas vorsichtiger eingestellt ist.

Das heißt, die alten Mietniveaus aus den Boomzeiten 2012, 2013 wird man so schnell nicht wieder sehen?

Voraussichtlich nicht.

Die Mietreduktionen in den Einkaufszentren der Immofinanz bleiben somit aufrecht?

Wir gewähren Mietreduktionen üblicherweise für einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten. Diese werden regelmäßig beobachtet und dann neu verhandelt. Dabei ist zu beachten, dass die ursprünglichen Mietverträge, die überwiegend auf Dollar lauten, unverändert in Kraft sind und zum großen Teil eine Laufzeit bis mindestens 2019 aufweisen.

Wieviel an Mieterlösen erwarten Sie für das Gesamtjahr aus Russland?

Im Halbjahr hatten wir Mieterlöse von rund 43 Mio. Euro aus Russland. Im Gesamtjahr sollten wir voraussichtlich bei um die 80 Mio. bzw. etwas darüber zu liegen kommen.

Und wie entwickelt sich die Auslastung?

Diese ist seit April des Vorjahres stabil bei um die 85 Prozent. Für unser Einkaufszentrum Golden Babylon Rostokino sind wir zuletzt eine Kooperation mit der ECE, dem Marktführer im europäischen Shopping Center Bereich, eingegangen. Ich bin zuversichtlich, dass wir hier bis Ende 2016 bereits positive Auswirkungen im Vermietungsgrad von Rostokino sehen werden.

Wie sieht die Finanzierungssituation in Russland aus?

Unser Russland-Portfolio ist mit rund EUR 725 Mio. fremdfinanziert. Dabei handelt es sich um Kredite in USD, u.a. von der Sberbank. Der Großteil hat eine Laufzeit von mehr als fünf Jahren. Daher sind derzeit keine Refinanzierungsmaßnahmen notwendig.

Was bedeutet die Abwertung von bis zu 400 Mio. Euro für das Jahresergebnis?

Sie wird das Gesamtjahresergebnis deutlich belasten. Wie das Konzernergebnis schlussendlich ausfallen wird, ist insbesondere von der Volatilität der Wechselkurse im vierten Quartal abhängig.

Für den Fall, dass die Immofinanz wie im Vorjahr ein negatives Konzernergebnis im Gesamtjahr ausweist, ist aber dennoch eine Dividendenzahlung möglich und geplant?

Ja, aufgrund der von der Hauptversammlung beschlossenen Kapitalmaßnahmen verfügen wir nunmehr über genügend freie Rücklagen, die für die Abdeckung etwaiger Jahresfehlbeträge und für Dividendenausschüttungen zur Verfügung stehen. Unser Ausblick, sowohl für 2015/16 als auch das achtmonatige Rumpfgeschäftsjahr 2016 eine Dividende von jeweils 6 Cents zu bezahlen, ist unverändert aufrecht.

(erschienen im Börse Express am 5. Februar 2016 - www.boerse-express.com)