von
Bettina Schragl
 
19.08.2014

IMMOFINANZ-Vorstand im Interview: "Marktkonsolidierung wird auch in CEE ein Thema"

Das Geschäftsjahr 2013/14 stand im Zeichen der Abspaltung der BUWOG, die seit 28. April börsennotiert ist. Wie sieht die erste Zwischenbilanz aus?

Eduard Zehetner: Wir haben immer gesagt, dass IMMOFINANZ und BUWOG kombiniert vom Markt nicht jene Bewertungen erhalten, die sie eigentlich aufgrund ihrer Portfolioqualität verdienen. Und das hat sich als richtig erwiesen: Die BUWOG wird als eigenständiges börsennotiertes Unternehmen von den Investoren deutlich höher bewertet als unter dem Dach der IMMOFINANZ. So konnte die BUWOG-Aktie den Kursabschlag zum Net Asset Value (NAV) von Beginn weg stark reduzieren. Belief sich der Abschlag, gemessen an der IMMOFINANZ, vor dem Spin-off implizit auf rund 36%, so hat sich dieser bereits am ersten Handelstag der BUWOG halbiert. Die Erstnotiz der BUWOG in Wien lag mit EUR 13,2 über unseren Erwartungen. Und seither ist der Kurs weiter gestiegen, das bisherige Jahreshoch lag bei EUR 14,75.Birgit Noggler: Die Roadshows haben gezeigt, dass die Investoren das Geschäftsmodell und die deutsch-österreichische Aufstellung der BUWOG schätzen. Die ersten Analysteneinstufungen sind sehr positiv ausgefallen. Zwischenzeitlich hat die BUWOG auch ihre Großakquisition in Deutschland, das DGAG-Portfolio mit rund 18.000 Wohnungen sowie die dazugehörende Management-Plattform mit ca. 300 Mitarbeitern, abgeschlossen. Alles verläuft somit nach Plan.

Die IMMOFINANZ-Aktie weist aber nach wie vor einen hohen Abschlag zum NAV auf.

Zehetner: Hier waren in den zurückliegenden Monaten vor allem die politischen Unruhen in der Ukraine nicht hilfreich, das betrifft uns aber nicht allein. Sieht man sich den Gesamtmarkt seit Jahresbeginn 2014 an, so entwickelt sich unsere Aktie quasi im Gleichklang mit dem ATX.

Wie spiegelt sich der Spin-off im Jahresabschluss 2013/14 der IMMOFINANZ wider?

Noggler: Die Verselbständigung der BUWOG wurde im Konzernabschluss entsprechend abgebildet. Aufgrund des Spin-off haben wir die BUWOG endkonsolidiert; gleichzeitig ist ein 49%iger Anteil als nach der Equity-Methode bilanzierte Beteiligung wieder zugegangen. Diese wird nun als Anteil an einem assoziierten Unternehmen ausgewiesen. Die Zugangsbewertung der Beteiligung erfolgte zum Börsenkurs plus einer Kontrollprämie. Diese Kontrollprämie wurde extern, also mit Hilfe von Vergleichstransaktionen an den europäischen Kapitalmärkten, belegt und begründet sich damit, dass der Entherrschungsvertrag nur zwischen BUWOG und IMMOFINANZ gilt. Es ist nämlich durchaus anzunehmen, dass ein Dritter, der ein 49%-Paket an der BUWOG erwirbt, diese damit beherrschen würde und daher einen Aufschlag zum Börsenkurs zu zahlen bereit wäre.

Zehetner: Der Ansatz nach der Equity-Methode wurde möglich, weil die IMMOFINANZ keine Kontrolle mehr über die BUWOG hat. Das sieht man etwa an der Zusammensetzung des fünfköpfigen BUWOG-Aufsichtsrats, in dem nur ein IMMOFINANZ-Vorstand vertreten ist.

Neben dem Anteil an der BUWOG ist die IMMOFINANZ auch in eine BUWOG-Wandelanleihe investiert, die ein Volumen von EUR 260,0 Mio. hat. Wie sehen Ihre Pläne für diese beiden Investments aus?

Zehetner:
Von der BUWOG-Beteiligung wollen wir uns mittelfristig trennen – und zwar zumindest zum Buchwert je Aktie und auf eine marktschonende Art und Weise. Das haben wir bereits im Vorfeld des Spin-off kommuniziert, und daran hat sich nichts geändert.

Was die Wandelanleihe anbelangt, so ist die BUWOG im Zeitraum bis Ende Jänner 2015 berechtigt, diese zu kündigen und alles zurückzuzahlen. Ist das nicht der Fall, dann werden wir die Anleihe nach Ablauf dieser Call-Option am Kapitalmarkt platzieren und mit dem Erlös unsere Zwischenfinanzierung tilgen.

Und wohin soll die Liquidität aus einer Verwertung der BUWOG-Aktien fließen?

Zehetner: In unsere Immobilienmaschine, genauer gesagt in den Ausbau unserer Entwicklungsaktivitäten bzw. in Portfolioinvestitionen in West- und Osteuropa. Aktuell, also per Ende April 2014, weisen die im Bau befindlichen Entwicklungsprojekte einen voraussichtlichen Verkehrswert nach Fertigstellung in Höhe von EUR 773,2 Mio. auf. Diesen Wert wollen wir durch neue Projekte mittelfristig auf bis zu EUR 2,0 Mrd. erhöhen, wobei die Schwerpunkte auf den Märkten Deutschland, Polen, Russland und Rumänien liegen. Diese Expansion bedingt klarerweise eine höhere Kapitalbindung.

Und wie sieht es mit Dividenden und Aktienrückkäufen aus?

Zehetner: Die Liquidität dafür muss aus dem operativen Geschäft kommen. Wir haben angekündigt, dass wir ab dem laufenden Geschäftsjahr die Dividendenzahlung wieder aufnehmen werden. Aus heutiger Sicht streben wir für 2014/15 eine Ausschüttung in Höhe von EUR 0,15 bis EUR 0,20 je Aktie an, wobei sich diese grundsätzlich aus Dividendenzahlung und Aktienrückkaufprogramm zusammensetzen kann.

Noggler: Wir als Vorstand werden der Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2013/14 keine Dividende vorschlagen. Die IMMOFINANZ hat im zurückliegenden Jahr wesentliche Teile ihrer erwirtschafteten liquiden Mittel in den Ankauf von deutschen Wohnimmobilien investiert und damit die Positionierung der BUWOG als deutsch-österreichisches Wohnimmobilienunternehmen ermöglicht….

Zehetner: Und das wiederum war die Voraussetzung für die mehrheitliche Abspaltung der BUWOG, bei der unsere Aktionäre für je 20 IMMOFINANZ-Aktien zusätzlich eine BUWOG-Aktie erhalten haben. Die BUWOG ist ebenfalls ein nachhaltiger Dividendentitel und wird für 2013/14 voraussichtlich EUR 0,65 je Aktie ausschütten. Der IMMOFINANZ werden daraus rund EUR 32,0 Mio. zufließen.

Noggler: Was künftige Aktienrückkaufprogramme angeht, so planen wir, die derzeit für eine Finanzierung verwendeten 9,00% an eigenen Aktien nach Rückführung oder Umstrukturierung dieser Finanzierung einzuziehen.

Portfolioinvestitionen können ja auch Zukäufe umfassen: Inwiefern bieten sich Konsolidierungsmöglichkeiten an?

Zehetner: Der Markt bewegt sich eindeutig in diese Richtung. Am deutschen Wohnimmobiliensektor hat die Konsolidierung bereits vor einigen Quartalen eingesetzt, weil Synergiepotenziale auf der Hand lagen. Die BUWOG hat dabei mit der Übernahme des DGAG-Portfolios mitgewirkt. Mit Blick auf den Retail-Sektor in Westeuropa haben erst kürzlich Klépierre und Corio Fusionspläne bekannt gegeben. Wir erwarten, dass sich die Konsolidierung im gewerblichen Immobilienbereich in Zentral- und Osteuropa fortsetzen wird. Als Marktführer in dieser Region werden wir dabei eine aktive Rolle einnehmen und Opportunitäten, die sich in unseren Kernmärkten bieten, mit Blick auf Synergien und Skaleneffekte prüfen.

An welche Dimensionen denken Sie dabei?

Zehetner: Das ist immer davon abhängig, welche Möglichkeiten sich ergeben und kann generell von Anteils- und Portfolioakquisitionen bis zu Fusionen reichen. Falls wir Konsolidierungsschritte setzen, streben wir dabei aber die unternehmerische Verantwortung an.

Ist nach dem Spin-off der BUWOG und der Abgabe des westeuropäischen Residential-Bereichs auch eine weitere Simplifizierung des IMMOFINANZ-Portfolios angedacht?

Zehetner: Mittelfristig bleibt es sicher bei den drei kommerziellen Assetklassen Einzelhandel, Büro und Logistik. Mit der Abspaltung der BUWOG und der Realisierung größerer Transaktionen haben wir allerdings gezeigt, dass wir sehr rasch in der Lage sind, Chancen am Markt wahrzunehmen. Daher will ich nicht ausschließen, dass wir zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht ein Segment aus unserem Retail- oder Logistikbereich – zum Beispiel unsere Fachmarktkette STOP.SHOP. – drehen, wenn sich Möglichkeiten bieten und die Preise attraktiv sind.

Vor diesem Hintergrund ist auch der Fokus auf die Markenbildung im Portfolio zu sehen?

Dietmar Reindl: Ja. Angefangen von der Wohnimmobilienmarke BUWOG über unsere Fachmarktkette STOP.SHOP. bis zu Deutsche Lagerhaus und LOG CENTER, die für unsere Logistikaktivitäten in Deutschland und Osteuropa stehen, können wir hier bereits auf zahlreiche erfolgreich etablierte Marken verweisen, mit denen wir auch weiter in unseren Kernländern expandieren. Im zurückliegenden Geschäftsjahr haben wir mit VIVO! zudem eine neue Marke für den Einzelhandel geschaffen. VIVO! Einkaufszentren sind hinsichtlich Größe, Ausrichtung und Angebot zwischen STOP.SHOP.s auf der einen Seite und großen Shopping Center auf der anderen Seite angesiedelt. Es handelt sich typischerweise um eingeschossige Einkaufszentren mit starker Fashion- und Entertainment-Ausrichtung, die ideal für kleinere und mittelgroße Städte sind. Es ist geplant, dass unser erstes VIVO!-Center im 4. Quartal 2014 im polnischen Pila eröffnet wird, das zweite voraussichtlich im Kalenderjahr 2015 in Stalowa Wola, das ist eine Stadt im südöstlichen Polen. Insgesamt haben wir aktuell fünf VIVO!-Standorte in Polen in der Umsetzung. Dieses Konzept bietet sich prinzipiell auch für Moskau und Moskau-Region an.


Und wie sehen die Expansionspläne für STOP.SHOP.s und Logistik aus?

Reindl: Unter dem Markendach von LOG CENTER wollen wir schwerpunktmäßig Logistikprojekte in Rumänien und Russland errichten, die Deutsche Lagerhaus baut ihre Projekt-Pipeline in Deutschland aus. Mit unseren STOP.SHOP.s sind wir bereits an 53 Standorten in sechs Ländern vertreten und starten nun auch mit der Expansion in Serbien, die ersten beiden Standorte stehen bereits fest. Das STOP.SHOP.-Konzept passt hinsichtlich Größe der Städte, Kaufkraft der Bevölkerung, etc. ideal für die Gegebenheiten in den Balkan-Ländern. Das Feedback der Mieter ist sehr positiv.

Zehetner: In Polen arbeiten wir ebenfalls am Roll-out unser STOP.SHOP.s, im November 2013 wurde in Mlawa der zweite polnische Standort eröffnet, im zweiten Halbjahr 2014 folgen Ketrzyn und Zary. Mittelfristig sind rund zehn weitere geplant. In Rumänien steht ebenfalls der Markteintritt mit STOP.SHOP.s bevor, hier besitzen wir einige sehr interessante Grundstücke, die derzeit bei unseren Landreserven geparkt sind. Im zurückliegenden Geschäftsjahr haben wir zudem fünf Fachmarktzentren – vier in Slowenien und eines in Tschechien - zugekauft und einem Rebranding unterzogen. Diese Märkte sind voll vermietet und weisen eine hohe Rendite auf. Wenn sich solch attraktive Kaufmöglichkeiten bieten, sehen wir uns diese an.

Reindl: Die internationalen Einzelhändler schätzen unser großes Netzwerk. Bei der Expansion in neue Länder benötigen sie eine gewisse Mindestanzahl an Standorten, damit Skaleneffekte erzielbar sind. Sie wollen daher einen verlässlichen Partner und Developer wie uns, der sie begleitet und der in der Lage ist, rasch einen Roll-out in mehreren Ländern zu realisieren.

Nach dem Spin-off der BUWOG hat sich die geografische Ausrichtung der IMMOFINANZ noch stärker in Richtung Osteuropa verschoben. Knapp 70% des Portfolios sind in CEE bzw. Russland angesiedelt. Wird es vor dem Hintergrund der weiteren Development-Vorhaben ungefähr bei dieser Aufteilung bleiben?

Zehetner: An sich sind keine größeren Veränderungen vorgesehen. Aber natürlich ist für den Fall möglicher Konsolidierungsschritte nicht ausgeschlossen, dass sich die Prozentsätze deutlicher verschieben. Das entscheiden dann aber die jeweiligen Umstände und Opportunitäten.

Der Wachstumsausblick für die CEE-Region ist positiv. Ist die schrittweise Erholung der Wirtschaft bereits bemerkbar?

Zehetner: Insgesamt ist Osteuropa nach wie vor nicht die Wachstumsstory, die wir gerne hätten. Wir würden uns mehr Rückenwind vom Wirtschaftswachstum für unsere Vermietungen wünschen. Sieht man sich das Startquartal 2014 an, so haben wir zwar in einigen Ländern teils sehr gute BIP-Daten gesehen, aber wie gesagt: Es sollte noch mehr werden.

Reindl: Neben vergleichsweise gesunden Staatshaushalten wird vor allem der Aufholbedarf dieser Länder gegenüber Westeuropa ein wichtiger Wachstumstreiber bleiben. Der Export – insbesondere nach Westeuropa – und zunehmend auch die Binnennachfrage unterstützen die positive Entwicklung. In Rumänien etwa beobachten wir eine wachsende Nachfrage nach qualitativen Logistikflächen. Die Logistik ist innerhalb der kommerziellen Immobilien-Assetklassen ja eine Art Frühindikator für eine Wirtschaftserholung. Nach der jüngsten Großvermietung an Ursus Breweries (Anm.: nach Ende des Berichtszeitraums) liegt die Auslastung in unserem rumänischen Logistik-Portfolio bei rund 93%. Und wie bereits gesagt, wir planen den Start neuer Projekte.

Zehetner: Bei der Bevölkerung in Rumänien ist die Erholung allerdings noch nicht angekommen. Die Binnennachfrage erholt sich erst langsam.

Und wie sieht es am Transaktionsmarkt aus?

Noggler: Das Interesse für osteuropäische Immobilien zieht an. Natürlich wird in CEE nach wie vor nur ein Bruchteil des Volumens von Westeuropa gehandelt, im ersten Quartal 2014 waren es etwa 6% aller europäischen Transaktionen . Aber wir sehen, dass die Investoren stärker in Richtung Osteuropa tendieren.

Zehetner:
Aufgrund der Nachfrage sollten wir in den nächsten 18 bis 24 Monaten eine deutliche Yield-Compression in Osteuropa sehen: Sprich, die Differenz zwischen den Verkaufsrenditen in Ost- und Westeuropa von aktuell rund 200 bis 300 Basispunkten sollte sich in etwa halbieren. Ich erwarte auch, dass die Verkaufsrenditen in Russland sinken, wobei die Lage in der Ukraine natürlich ein Unsicherheitsfaktor ist. Aber in Russland sehen sich vermehrt Käufer aus China und der Arabischen Halbinsel um.

Bleiben wir gleich bei Russland: Die Abspaltung der BUWOG hat das Russland-Portfolio der IMMOFINANZ stärker in den Fokus vieler Anleger gerückt. Zuletzt kamen hier mehrere Faktoren zusammen: Verzögerungen beim Development-Projekt GOODZONE, ein schwacher Rubel, die Unruhen in der Ukraine. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Zehetner: Unser Shopping Center GOODZONE haben wir mittlerweile eröffnet und damit qualitativ in Moskau neue Standards gesetzt. Ursprünglich war geplant, dass GOODZONE bereits im gesamten zurückliegenden Geschäftsjahr zu den Mieterlösen beiträgt und damit den Wegfall verkaufter Immobilien, vor allem des Silesia City Center, ausgleicht. Das wird nun erst 2014/15 der Fall sein, weil es bei der Entwicklung zu Verzögerungen gekommen ist, die nicht in unserem Einflussbereich lagen.

Natürlich ist die weitere Entwicklung der politischen Unruhen in der Ukraine ein Unsicherheitsfaktor, der auf der Stimmung der Investoren und auch der Bevölkerung lastet. Wir hoffen daher auf eine baldige Entspannung der Lage. Mittel- bis langfristig sind weder ein schwacher Rubel noch latente Kriegsängste in der Bevölkerung unserem Geschäft zuträglich, da diese Faktoren für eine Konsumzurückhaltung sorgen. Und diese wiederum schlägt sich in den Umsätzen unserer Mieter nieder.

Hinsichtlich des schwachen Rubels haben Sie zuletzt angekündigt, Ihren Mietern eventuell entgegen kommen zu wollen. Was ist daraus geworden?

Reindl: Wie in Aussicht gestellt, haben wir einzelnen Mietern unserer Moskauer Einkaufszentren mit zeitlich eng begrenzten Vereinbarungen geholfen, die Wechselkurseffekte im ersten Quartal 2014/15 abzufedern. Grundsätzlich sind bei uns die Mieteinnahmen des russischen Portfolios in den Währungen Euro oder US-Dollar fixiert, ein anhaltender Wertverfall des Rubels verschlechtert allerdings die Kostenverhältnisse für unsere Mieter. Die vorübergehenden Reduktionen erfolgten nicht im „Gießkannen-Prinzip“ für ein gesamtes Shopping Center, sondern rein auf Einzelfall-Basis. Auch sprechen wir von einem Zeitraum von wenigen Monaten. Diese Vorgehensweise hat sich bereits während der Finanzkrise 2008/09 als nachhaltig im Sinne der Mieterbindung erwiesen.

Also kommt es zu keiner Strategie-Änderung?

Zehetner: Wenn man in eine langfristige Assetklasse wie Immobilien investiert, kann die Strategie nicht bei jedem Störfeuer über Bord geworfen werden. Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine sind nicht hilfreich, nichtsdestotrotz besteht in Russland aber eine klare Unterversorgung mit Retail- und Logistikimmobilien. Und eines darf man auch nicht vergessen: Die Immobilienrenditen in Russland sind deutlich höher als jene in anderen Teilen Ost- und Westeuropas. Generell besitzt Russland ein großes wirtschaftliches Aufholpotenzial.

Deshalb prüfen Sie auch weitere Developments?

Zehetner: Ja, im Einzelhandels- und Logistikbereich in Moskau und im Großraum Moskau. Wir werden voraussichtlich noch im Geschäftsjahr 2014/15 mit Entwicklungen starten, wobei die Gesamtinvestitionskosten der Einzelprojekte eher im hohen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich anzusiedeln sein werden – und nicht im dreistelligen Bereich, wie in der Vergangenheit.

Reindl:
In diesen beiden Assetklassen hat sich der Leerstand am Gesamtmarkt in Moskau zuletzt auf 2,5% belaufen – das entspricht eigentlich einer Vollvermietung.

Der Vermietungsgrad des IMMOFINANZ-Portfolios ist im Jahresvergleich um rund fünf Prozentpunkte auf 85% gesunken. Eine Folge der BUWOG-Abspaltung?

Reindl:
Ja. Die BUWOG-Wohnimmobilien weisen – was typisch für diese Assetklasse ist – eine hohe Auslastung auf. Der Fokus im Asset Management liegt klar auf einer weiteren Verringerung des Leerstands, vor allem im Office-Bereich. Wir haben etliche operative Maßnahmen gesetzt, um die Auslastung unserer Büroimmobilien mittelfristig an jene des Einzelhandelsportfolios – also über 90% – heranzuführen. Dazu zählen etwa eine noch stärkere Kundennähe durch Dezentralisierung oder die Ausarbeitung länderübergreifender Wachstumsstrategien für unsere Kunden.

Auch werden wir verstärkt in die Gebäudequalität unserer Bestandsimmobilien investieren. Das Motto lautet dabei „in shape as new“, also „so gut wie neu“. Damit sprechen wir nicht nur zusätzliche Kunden an, sondern bleiben für unsere bestehenden Mieter ein attraktiver Partner. Ein Beispiel dafür ist die geplante Modernisierung unserer Bürotürme Polus Tower I und II in Bratislava.

Wie hat sich die Vermietungssituation im zurückliegenden Jahr dargestellt?

Reindl: Wir konnten in unseren Kernmärkten die Mietpreise im Schnitt stabil halten, das zeigt sich auch im Like-for-like-Vergleich, also der Entwicklung der Mieterlöse bereinigt um Immobilienverkäufe, Neuakquisitionen und Fertigstellungen. Lediglich in Polen kam es zu einem deutlicheren Rückgang des Vermietungsgrads um 11 Prozentpunkte auf 77,8%. Das ist zum einen auf den Verkauf des voll vermieteten Silesia City Center zurückzuführen, zum anderen auf einen höheren Leerstand in einigen Bürogebäuden und einer Logistikimmobilie. In diesen Objekten sind einige größere Mietverträge gleichzeitig ausgelaufen und es konnten nicht alle Verträge verlängert werden. Wir arbeiten allerdings hart an der Wiedervermietung und haben bereits einige Erfolge erzielt.

Bei den Immobilienverkäufen wurde 2013/14 neuerlich ein Rekordwert bei den Volumina verzeichnet, das Ergebnis liegt aber unter dem Vorjahreswert. Wie passt das zusammen?

Zehetner: Es war ein sehr erfolgreiches Jahr. Wir haben Immobilien im Gesamtwert von etwas über EUR 1,0 Mrd. verkauft. Ursprünglich hatten wir uns vorgenommen, in fünf Jahren Immobilien für EUR 2,5 Mrd. zu verkaufen. Tatsächlich haben wir aber nach vier Jahren bereits ein Volumen von EUR 2,67 Mrd. geschafft – und das mit einer zweistelligen Marge auf den Buchwert. Wir streben weiterhin an, Verkäufe von durchschnittlich EUR 500,0 bis EUR 600,0 Mio. pro Jahr zu tätigen.

Noggler: Was das Ergebnis aus Immobilienverkäufen betrifft, so muss man berücksichtigen, dass gemäß den Vorschriften nach IFRS die mit zwei größeren Verkäufen verbundenen Aufwertungsgewinne – im Detail Silesia City Center und die Logistikimmobilie Egerkingen – bereits im Ergebnis des Geschäftsjahres 2012/13 enthalten waren, die Ausbuchung der Liegenschaften sowie der Liquiditätszufluss erfolgten allerdings erst 2013/14. Wir haben im Vorjahr auch darauf hingewiesen, dass es sich um ein außerordentlich gutes Ergebnis aus Immobilienverkäufen gehandelt hat.

Das Ergebnis aus der Immobilienentwicklung ist negativ ausgefallen.

Zehetner: Hier schlugen die Verzögerungen bei der Fertigstellung von GOODZONE und damit in Zusammenhang stehende höhere Baukosten negativ durch. Mittlerweile ist dieses Shopping Center aber fertig gestellt und in Betrieb. In Russland leiden wir auch unter der vorsichtigeren Bewertung der externen Gutachter im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise. In Deutschland fiel das Development-Ergebnis deutlich positiv aus, auch in Tschechien. Das unterstreicht sehr wohl, dass wir diesen Job profitabel erledigen können, so wir nicht mit externen oder Faktoren aus der Vergangenheit konfrontiert sind.

Das Bewertungsergebnis wird erneut von einer Kaufpreisanpassung für das Moskauer Shopping Center Rostokino beeinflusst. Was ist der Grund?

Noggler: Es war vertraglich vereinbart, dass der Kaufpreis für Rostokino insbesondere vom Net Operating Income des Kalenderjahres 2013 abhängt. Im Geschäftsjahr 2012/13 haben wir aufgrund der hohen Auslastung dieses Shopping Centers unsere Schätzungen für den voraussichtlichen Kaufpreis angepasst. Dies hat sich im Abschluss 2012/13 mit EUR -106,4 Mio. im Bewertungsergebnis widergespiegelt. Im Februar 2014 fanden finale Verhandlungen statt und es ergab sich eine Reduktion des Kaupreises um EUR 77,7 Mio., was nun positiv im Bewertungsergebnis für 2013/14 zum Tragen kommt.

Der nunmehr unter unseren ursprünglichen Schätzungen liegende Kaufpreis ist allerdings ausschließlich auf einen Verhandlungserfolg der IMMOFINANZ zurückzuführen und nicht auf eine Verschlechterung der Marktlage oder geringeren Bewertung.

Von welchen Faktoren wurde das Bewertungsergebnis darüber hinaus beeinflusst?

Noggler: Währungsbedingt haben wir vom Anstieg des Euro gegenüber dem russischen Rubel profitiert. Bereinigt um Währungseffekte ist das Bewertungsergebnis negativ, was vor allem das russische Immobilienportfolio betrifft und eine Folge der Unruhen in der Ukraine und der damit verbundenen bzw. in Aussicht gestellten Sanktionen gegen Russland ist. Die externen Bewerter sind für diesen Markt vorsichtiger geworden.

Noch ein Blick auf die Refinanzierungen. Was steht Größeres an?

Zehetner: Im laufenden bzw. im nächsten Geschäftsjahr wird der Ersatz der CMBS-Struktur Forrest Finance ein Thema sein. Es handelt sich dabei um eine Finanzierung im Volumen von rund EUR 200,0 Mio., in der einige unserer österreichischen Prime-Immobilien als Hypothek gebündelt sind. Mit dem Auslaufen dieser Finanzierung haben wir die Möglichkeit, etliche Wiener Innenstadt-Objekte auf den Markt zu bringen – und dieser gestaltet sich für Verkäufer derzeit ja sehr attraktiv. Die Verkaufsrenditen sind niedrig, die Preise hoch.

Noggler: Generell kommt uns das günstige Zinsumfeld für unsere Refinanzierung entgegen. Daher sollte – auch im Falle von Margenerhöhungen der Banken – ein sehr gutes Ergebnis erzielbar sein.

Und wie sieht es mit der Wandelanleihe 2018 aus, für die Inhaber im Jahr 2016 eine Put-Option ausüben können?

Zehetner: Wir gehen davon aus, dass die Wandelanleihe bis zu diesem Zeitpunkt im Geld sein wird, sprich, die Anleiheinhaber in Aktien wandeln werden.

Dieses Interview wurde für den Geschäftsbericht 2013/14 der IMMOFINANZ geführt, der seit heute online verfügbar ist:
http://www.immofinanz.com/de/investor-relations/berichte/

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