von
Christian Drastil
 
23.08.2019

Interview mit CEO Oliver Schumy: IMMOFINANZ wächst

Der im Juli abgeschlossene Erwerb des Warsaw Spire bringt Immofinanz wieder in Richtung eines Portfoliowerts von an die 5 Mrd. Euro. Die Börse goutiert das.

 

Gastbeitrag von Christian Drastil, Herausgeber Börse Social Magazine

Interview: Christine Petzwinkler, Chefredakteurin Börse Social Magazine

www.boerse-social.com

Herr Schumy, die Immofinanz hat in den letzten Wochen Büroimmobilien für fast eine halbe Milliarde Euro erworben, darunter mit dem Warsaw Spire den höchsten Büroturm in Warschau bzw. in ganz CEE. Man hatte den Eindruck, einige Marktteilnehmer waren vom Ausmaß der Akquisitionen fast überrascht?

Wir setzen mit diesen Zukäufen in Warschau und Prag punktgenau um, was wir in der Vergangenheit in Aussicht gestellt haben. Im ersten Schritt wurde in den zurückliegenden Jahren unser Portfolio neu und effizienter aufgestellt und auf Büro und Einzelhandel konzentriert. Gleichzeitig haben wir uns ein grundsolides Finanzprofil mit Investmentgrade Rating und einer Liquidität von über 600 Mio. Euro erarbeitet. Das ermöglicht uns nun die Zukäufe dieser Top-Immobilien, mit denen wir unser Bestandsportfolio und unsere nachhaltige Ertragskraft, unseren FFO 1, erheblich stärken.

Im April 2017, das war noch während unserer mittlerweile abgeschlossenen Neupositionierung, haben wir den Anlegern versprochen, im Geschäftsjahr 2019 einen FFO von mehr als 100 Mio. Euro zu erwirtschaften. Und dabei liegen wir aktuell sehr gut im Plan.

Aber es stimmt, der Erwerb des Warsaw Spire mit einem Immobilienwert von rund 386 Mio. Euro ist die größte Immobilieninvestition der Immofinanz seit vielen Jahren und daher ein wichtiger Wachstumsschritt. Insgesamt nähern wir uns damit wieder einem Portfoliowert von an die 5 Milliarden Euro.

Wir haben uns den Warsaw Spire bereits vor Ort angesehen  -  ein tolles Gebäude mit einem schönen und belebten Platz. Was waren die ausschlaggebenden Überlegungen für Warschau und für diesen Büroturm?

Warschau zählt aufgrund der dynamischen Entwicklung und der guten Wirtschaftsdaten zu den vielversprechendsten Büromärkten in unserer Kernregion. Die polnische Wirtschaft weist seit vielen Jahren ein sehr robustes Wachstum auf. Das geht einher mit sinkenden Arbeitslosenzahlen und einer steigenden Kaufkraft der Bevölkerung. Aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage wächst auch der Büroimmobilienmarkt in Warschau seit Jahren stark. Die Nachfrage nach neuen Büroflächen übersteigt aber gegenwärtig das vorhandene Angebot in zentralen Lagen. Daher ist mit einem weiteren Rückgang des Leerstands zu rechnen. Ein möglicher Brexit lässt zudem eine zusätzliche Steigerung der Nachfrage nach Büroflächen erwarten, da sich Warschau als wichtiger Finanzplatz in CEE etabliert hat und zahlreiche internationale Unternehmen ihre Büros von London nach Warschau verlegen oder bereits vorhandene Büros erweitern. Etliche Finanzunternehmen suchen Mietflächen von 20.000 m² aufwärts.

Der Warsaw Spire selbst ist eine ideale Kombination aus Top-Qualität und bester Infrastruktur. Das führt zu einem renommierten Mietermix, u.a. mit Goldman Sachs, Samsung, JLL und Mastercard, die an die 5000 Mitarbeiter im Turm beschäftigen. Damit ist der Warsaw Spire auch ideal für unser internationales Bürokonzept myhive, mit dem wir auf Community-Building und Wohlfühl-Atmosphäre setzen.

Und ganz wichtig: Wir haben zu einer Mietrendite 5,1% gekauft – das ist sehr gut für den Warschauer Markt und für eine Landmark-Immobilie. Die Rendite für hochwertiges Office in Warschau hat sich aufgrund der sehr guten Marktentwicklung mittlerweile bereits auf an die 4,5% reduziert.  Und wir werden wohl noch die eine oder andere Transaktion sehen, die darunter liegt.

Warum konnten Sie dann zu über 5% kaufen?

Zum einen ist es uns gelungen, hier schon frühzeitig in Exklusivverhandlungen einzutreten. Zum anderen sind wir ein anerkannter, erfahrener und finanzstarker Player am Markt, der solche Großtransaktionen zügig umsetzen kann.

 

Und außerhalb von Warschau ist Polen auch für weitere Zukäufe interessant?

Mit unseren Büroimmobilien sind wir nur in den Hauptstädten bzw. in Deutschland in den größeren Städten wie Düsseldorf präsent. Mit unseren Einzelhandelsformaten STOP SHOP und VIVO! konzentrieren wir uns jedoch auf mittelgroße und kleinere Städte in CEE und damit auf Regionen, deren Shopping-Center-Dichte deutlich unter dem Niveau Westeuropas liegt. Charakteristisch für das Angebot ist auch, dass zahlreiche Mieter aus dem Diskonter- und Nahversorgungsbereich kommen. Aktuell besitzen wir vier VIVO! Einkaufszentren und sieben STOP SHOPs in polnischen Städten, wobei bei den STOP SHOPs bereits weitere Standorte in Entwicklung sind und wir auch Zukäufe prüfen. Insgesamt werden wir heuer die Anzahl unserer Retail Parks auf rund 90 Standorte in neun Ländern erhöhen. Das Ziel für die nächsten zwei Jahre lautet unverändert, auf über 100 Standorte zu kommen.

 

Polen ist seit Herbst 2018 vom Indexanbieter FTSE/EPRA nicht mehr als „emerging market“ eingestuft, sondern als „developed market“ und damit in einer Liga mit Österreich und Deutschland. Spielt das in Ihrer Portfoliostrategie ebenfalls eine Rolle? Die Immofinanz-Aktie war ja vor etlichen Jahren schon einmal im EPRA Developed Index gewichtet.

Ja, es spielt in unsere Überlegungen mit hinein. Der EPRA Developed Index ist für viele Immobilieninvestoren ein wichtiger Referenzindex, eine Gewichtung der Aktie würde zusätzliches Kapital – vor allem passives Geld – bringen. Für eine Aufnahme in den Index ist allerdings ein EBITDA-Anteil von zumindest 75% aus den „entwickelten Märkten“ notwendig – in unserem Fall sind das Österreich, Deutschland und Polen. Das haben wir noch nicht erreicht. Insofern haben wir hier eine mittelfristige Perspektive.

 

Das Sentiment für die Aktie hat sich zuletzt verbessert, laut Bloomberg gibt es aktuell fünf Buy- und vier Hold-Empfehlungen. Seit Jahresbeginn hat die Aktie rund 16 Prozent zugelegt. Zufrieden?

Die Neupositionierung und die deutlich verbesserten Kennzahlen spiegeln sich im Verlauf unserer Aktie wider. 2018 erwirtschafteten wir ein sehr gutes Ergebnis und auch mit den Zahlen für das 1. Quartal 2019 haben wir geliefert, was wir versprochen haben. Wir sind nun wieder auf Wachstumskurs und stärken unser Portfolio durch Zukäufe, wie etwa auch im Bürosegment in Prag, und mit eigenen Projektentwicklungen.

Wobei Sie aber stets betonen, kein Developer zu sein? Wie sieht die künftige Pipeline aus?

Ja, wir sehen uns als Bestandshalter von Immobilien mit klarer Markenpolitik und hoher Kundenorientierung. Wir entwickeln auch eigene Projekte, achten dabei aber auf ein sehr gesundes Verhältnis zum Gesamtportfolio. Generell sollten auf Projektentwicklungen nicht mehr als 10% entfallen. Das ist uns auch im Hinblick auf unser Investmentgrade Rating wichtig. Nachdem wir unsere beiden deutschen Großprojekte in Düsseldorf, trivago Campus und FLOAT, an die Mieter übergeben haben, errichten wir aktuell ebenfalls im Düsseldorfer Medienhafen unser erstes myhive-Bürogebäude in Deutschland. Dieses wird rund 22.000 m² umfassen. Unser umgebauter Hotel- und Bürotower am Standort Wienerberg wird in Kürze eröffnet. Hier haben wir – inklusive Neugestaltung der Mall, des Vorplatzes und des Roll-outs unserer myhive-Marke - in den letzten Jahren kräftig investiert. Weitere Bürogebäude – etwa in der Ungargasse in Wien und in Bukarest – werden ebenfalls zu myhives umgestaltet. Dazu kommen etliche Eigenentwicklungen von STOP SHOPs. Darüber hinaus unterziehen wir derzeit auch zwei unserer Einkaufszentren in Bratislava und im rumänischen Cluj einer Modernisierung. Es tut sich also schon einiges.

 

Insgesamt aber lieber Zukäufe als neue Developments?

Das ist natürlich immer abhängig vom Markt und dem Produkt und daher flexibel.  Mit unseren STOP SHOP Projektentwicklungen in CEE erzielen wir etwa sehr attraktive Renditen, teils sogar im zweistelligen Bereich. Generell bevorzugen wir aber Zukäufe, weil wir hier unmittelbar den positiven Effekt in Mieterlösen und FFO sehen.

 

Einige Analysten meinten zuletzt, ein geplanter Zusammenschluss mit der S Immo sei – nicht zuletzt nach den jüngsten Immobilienzukäufen der Immofinanz – eher zu einem Mittelfrist-Thema geworden. Können Sie uns hier ein Update geben?

Wir haben stets gesagt, dass es aufgrund der wechselseitigen Beteiligung der beiden Unternehmen naturgemäß verschiedene Optionen gibt und wir diese evaluieren. Wenn es dazu mehr zu berichten gibt, werden wir das tun. Insgesamt freut uns die Entwicklung der S Immo sehr. Sämtliche Kennzahlen haben sich deutlich verbessert – das zeigt, dass wir richtig investiert haben. Als wir den Erwerb des Aktienpakets im September letzten Jahres abgeschlossen haben, lag der EPRA NAV je S Immo Aktie bei rund 18 Euro. Mittlerweile sind es an die 24 Euro. Das ist ein mehr als respektabler Anstieg um ein Drittel. Der FFO hat sich verbessert, die Dividendenausschüttung fiel sehr gut aus. Auf Basis unseres Einstiegskurses erzielen wir mit der S Immo eine Dividendenrendite von 3,5%. Das ist eine höhere Rendite als so manches Prime-Office in Deutschland abwirft.

Warsaw Spire (Polen) (Bild 6)
Warsaw Spire (Polen) (Bild 5)
Warsaw Spire (Polen) (Bild 3)
Warsaw Spire (Polen) (Bild 4)
Palmovka Open Park (Tschechien)